Kryptomnesie – unbewusster Ideenklau

Dieses kryptische Wort heißt einfach übersetzt nichts anderes als unbewusster Ideenklau.
Und wir Kreativen leben tagtäglich damit. Nicht nur, dass man unsere Ideen vermeintlich klaut, auch wir tun nichts anderes. Und zwar jeden verdammten Tag. In den allermeisten Fällen ist uns das nicht bewusst. Wir schwören sogar Stein und Bein, dass diese unsere Idee absolut originär ist und wir vorher nie davon gehört haben.

IvanZum Trost sei gesagt: So etwas wie originäre Ideen gibt es gar nicht. Damit meine ich, dass jeder absolut neuen Idee bereits viele Gedanken, Bilder, Bücher, Geschichten, Filme, Erfahrungen usw. Anderer vorausgegangen sind. Und das ist nicht nur in der kreativen Welt so, sondern auch in jeder anderen Branche. Es gab immer vor dem Durchbruch in der Gentechnik, der Architektur, der Biologie, der Medizin etc. diverse andere Geistesblitze, die dann wiederum zu diesem einen geführt hat, der alles andere in den Schatten stellt. Wir schöpfen also alle immer aus einem Fundus des bereits Dagewesenen und das Neue ist auch immer zu einem kleinen Teil das Alte.

In einem Experiment mit Studenten, in dem es darum ging, neue Wörter zu erfinden und in dem man den Teilnehmern ausdrücklich verbot, auf Wörter zurückzugreifen, die ihre Vorredner bereits benutzt hatten, taten sie genau das. Sie gaben die Wörter der Vorredner als ihre eigenen aus und bedienten sich sogar besonders vehement bei ihrem direkten Vorredner. Dabei waren sie absolut sicher, dass es ihre ganz eigenen Erfindungen waren, die sie da präsentierten. Faszinierend, oder?

Natürlich gibt es auch die bewusste Neu-Erschaffung oder Interpretation bereits Dagewesenem. Etwas, das einfach in ein neues Gewand gekleidet wird und damit aber eine völlig neue Bedeutungsebene erreicht. Man befruchtet sich gegenseitig.

Es ist deshalb auf jeden Fall inspirierend, sich mit kreativen Menschen zu umgeben und ich meine damit nicht nur jenen, die im kulturellen Bereich kreativ sind.

Im Gegenteil – besonders die Konfrontation mit Menschen aus völlig anderen Berufszweigen ist meistens sehr aufregend und regt somit auch zu neuen Wegen und neuem Denken an. Oft stellt man Ähnlichkeiten in Bereichen fest, die einen erstaunen und rote Fäden des gesellschaftlichen Lebens erkennen lassen. Eine, wie ich finde, äußerst befriedigende Sache.

Also, bleibt neugierig!

Bis bald — Ivan